Nackte Betonsäulen als Spendenaufruf
Es war irgendwann in den Jahren 1923 bis 1925, in jedem Fall aber deutlich vor der offiziellen Eröffnung des Museums auf der Isarinsel am 7. Mai 1925. Trotz aller Anstrengungen fehlte noch der letzte Schliff für das prunkvolle Interieur, das gewisse Etwas. Oskar von Miller ließ also die Ausstellungsräume herrichten, Gemälde aufhängen, kurzum alles soweit fertigstellen, dass man das Haus jederzeit der Öffentlichkeit hätte übergeben können – mit einem ganz wesentlichen, bewusst in Szene gesetzten und deutlich ins Auge springenden Makel. Dann lud er die Herren von der Bauindustrie zu einer ersten Führung durch das Museum ein. Begeisterung und Lob nahmen kein Ende, indes, als man die Luftfahrthalle und darunter die Abteilung für Schifffahrt betrat, herrschte allgemeine Bestürzung. Die Säulen in den ansonsten luxuriös ausgestatteten Räumen waren kahl, blanker Beton. Was die Besucher nicht wussten: Deutschlands oberster Spendeneintreiber hatte sie absichtlich ärmlich und unfertig gelassen. Die Botschaft war eindeutig: Nach all den Mühen war dem nationalen Prestigeprojekt schließlich das Geld ausgegangen, und das würde auch auf die Baufirmen kein gutes Licht werfen. Man kann sich gut vorstellen, wie sich die buschigen Augenbrauen Millers sorgenvoll zusammenzogen. Kein Wunder, dass die versammelten Herrn den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Umgehend schickten sie prächtigen Marmor zur Verkleidung.
Und dabei waren die großen Baufirmen auch davor schon das Rückgrat des ambitionierten Projektes gewesen, hatten ihre großzügigen Spenden den Bau auf der Isarinsel doch überhaupt erst ermöglicht. 60 000 Kubikmeter Sand und Kies, 400 Eisenbahnwaggons mit Kalk sowie 1700 Waggons mit Zement hatten sie Miller und seiner Unternehmung schon mit großer Selbstverständlichkeit zukommen lassen, die Reichsbahn erwies sich als nicht minder großzügig, und gewährte auf allen Transporten durch die verschiedenen Landesteile Frachtfreiheit. Damit nicht genug: Man spendierte auch noch 3 Millionen Kilogramm Eisen, 7 Millionen Kilogramm Ziegelsteine und 33 000 laufende Meter Gussrohre, die heute noch zu einem Großteil in den Wänden des alten Hauses stecken und in den nächsten Jahren im Rahmen der Zukunftsinitiative einer mühsamen Generalsanierung unterzogen werden.
Man stelle sich vor, die heutigen Gründungsmitglieder der Zukunftsinitiative – in dem Fall der Bayerische Bauindustrieverband – würden nicht einfach ein paar Millionen Euro, sondern Güterwagen voller Baumaterialien, großzügig zum Nulltarif von der Deutschen Bahn transportiert, für die Generalsanierung des Museums auf der Isarinsel abliefern. Das wäre ein Spektakel!
Auch wenn das Deutsche Museum heute in vielen Bereichen sanierungsbedürftig ist, darf nicht vergessen werden, dass beim ursprünglichen Bau damals zukunftsweisende Technologien zum Einsatz kamen. Auch wenn das Museumshauptgebäude sich neoklassizistisch gibt, so ist es doch ganz modern. Es steht – anders als das in traditioneller Holzpfahl-Bauweise entstandene Venedig – auf Betonpfählen im Flussbett, und der 1932 eröffnete Bibliotheksbau war damals der größte Stahlbetonbau Europas. Für die Zukunftsinitiative und ihre Gründer besteht heute erneut der hohe Anspruch, das Museum auf den neuesten Stand der Technik und der Gestaltung und Präsentation zu bringen.Der Bayerische Bauindustrieverband ist dafür genau der richtige Partner.